Ich liebe Asterix-Hefte – zumindest die alten, für die René Goscinny noch die Texte geschrieben hat. Den hintergründigen Humor habe ich als Kind natürlich noch nicht verstanden, inzwischen ziehe ich daraus viele Lebensweisheiten.
Viel lernen kann man zum Beispiel von der Figur des Zenturios Absolutus aus dem auch ansonsten genialen Band „Obelix GmbH & Co KG“. Gerne hätte ich diesen Beitrag mit einem Bild von ihm versehen, aus urheberrechtlichen Gründen ist dies aber natürlich nicht möglich.
Zenturio Absolutus hat seinen ersten Auftritt als schneidiger neuer Militär-Kommandant, der aus Rom in die gallische Provinz kommt, um endlich mit den unbeugsamen Galliern aus dem Dorf von Asterix und Kollegen aufzuräumen, die sein Vorgänger desinteressiert hat gewähren lassen. Für den Leser vorhersehbar bekommt er bei dem Versuch genauso wie alle seine Vorgänger mächtig eines auf die Schnauze. Daraufhin beschließt Zenturio Absolutus, das Thema künftig genauso wie sein Vorgänger einfach links liegen zu lassen.
Jetzt will ich natürlich auf keinen Fall empfehlen, ein wichtiges Thema einfach nicht mehr zu bearbeiten. Wenn aber irgendetwas schon lange liegt, ist es sehr wohl nicht nur sinnvoll, sondern wie ich meine zwingend erforderlich, sich mal ein paar Fragen zu stellen:
- Ist dieses Thema wirklich wichtig und muss es zwingend erledigt werden, oder kann man es nicht genauso gut weiter ignorieren?
- Waren die Menschen, die sich vorher mehr oder weniger intensiv damit befasst haben, wirklich zu dumm oder zu faul, das Thema zu lösen oder woran sind sie gescheitert?
- Was kann ich anders machen als diejenigen, die vorher an dem Thema gescheitert sind?
- Warum glaube ich, dass dieser neue Ansatz jetzt das schafft, was vorher nicht gegangen ist?
- Und schlussendlich: Stehen Aufwand und Ergebnis in einem vernünftigen Verhältnis zueinander?
Insbesondere die letztere Frage ist der tiefere Sinn des Sprichwortes: „Der Klügere gibt nach“. Dabei geht es nämlich keineswegs darum, den Dummen die Weltherrschaft zu überlassen. In Wirklichkeit geht es um die Abwägung, wann der Aufwand, für das aus eigener Sicht „richtige“ Ergebnis zu kämpfen noch in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Ergebnis steht oder ob es letztlich nicht besser ist, das nach der eigenen Wahrnehmung „falsche“ Ergebnis hinzunehmen, anstatt sich für die eigenen Vorstellungen von dem, was „richtig“ ist, bis zur Erschöpfung aufzureiben.
Dieselbe Thematik beschreibt letztendlich das vom US-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr verfasste Gebet, dessen deutsche Übersetzung lautet:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Als Anwälte spielen wir zwar nicht Gott, aber sehen es sehr wohl als unsere Aufgabe, unseren Mandanten genau dabei zu helfen, damit sie nicht allein auf göttliche Eingebung angewiesen sind. Manchmal kann es zwar durchaus sinnvoll und geboten sein, 2.000 Euro auszugeben, um 500 Euro zu sparen – nämlich immer dann, wenn es in Wahrheit gar nicht um Geld, sondern ein übergeordnetes Ziel geht. Gerade dann stellt sich allerdings die Frage, wie wichtig einem dieses Ziel ist und ob man ihm tatsächlich dadurch näher kommt, dass man mit einem Vielfachen des Aufwandes um 500 Euro kämpft.
Wir helfen unseren Mandanten dabei, in diesen Fällen eine bewusste Entscheidung zu treffen. Und eben nicht davon überrascht zu werden, wenn es vor Gericht dann nicht so läuft wie erwartet. Wir klären zusammen mit unseren Mandanten, was realistischerweise erwartet werden kann und wie man dieses Ziel erreichen kann. Und oftmals erreicht man eben mehr, wenn man sich von vornherein zwar niedrigere Ziele steckt, diese aber wirklich konsequent verfolgt, als an zu hohen Zielen gnadenlos zu scheitern.
Wenn Ihnen also in der Kneipe beim Bier jemand erzählt, dass es angeblich „keine Gerechtigkeit mehr gibt“ und ihn ein „unfähiger Richter“ zu einem „miserablen Vergleich“ gezwungen hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass nicht der Richter, sondern der Anwalt Ihres Gesprächspartners unfähig war. Nicht unbedingt, weil er zu wenig herausgeholt hat, sondern weil er es versäumt hat, mit seinem Mandanten zu besprechen, was realistisch ist und wie man dahin kommt. Zumindest nicht in einer Art und Weise, dass dieser Mandant es verstanden hat. Deswegen kommt er das nächste Mal besser gleich zu uns. Und Sie natürlich auch.
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