Auch in Baden-Württemberg neigen sich die Schulferien langsam dem Ende zu. Manch eine Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ohne Familie freut sich, dass sie oder er jetzt auch in Urlaub fahren darf, wenn die Kolleginnen und Kollegen mit schulpflichtigen Kindern endlich zurück sind. Viele freuen sich ja, wenn sie die günstige Nachsaison nutzen können, um in südlichere Gefilde aufzubrechen und den Sommer nochmal zu verlängern. Andere wären vielleicht aber auch gerne im Sommer in den Urlaub gegangen, vielleicht ja in den Norden, wo es im September schon zu kalt und die Nächte zu kurz sind. Und diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fragen sich dann vielleicht, ob es wirklich richtig ist, wenn die Kolleginnen und Kollegen mit Kindern ständig bevorzugt werden.
So ärgerlich das für die manchmal ja auch ungewollt Kinderlosen sein mag: Die Interessen der Kolleginnen und Kollegen mit schulpflichtigen Kindern haben Vorrang. Zumindest, solange die Kinder noch zu jung sind, um alleine zu Hause zu bleiben oder alleine in den Urlaub zu fahren. Und nein, Pfadfinderlager zählen nicht, ich meine schon Individualurlaub. Wenn also der Nachwuchs mal 16 ist, kann man sich darüber unterhalten – oder hätte sich zumindest in meiner Generation darüber unterhalten, inzwischen hat man manchmal den Eindruck, dass junge Menschen mit 18 zwar schlagartig erwachsen werden, aber mit 17 noch Rundumbetreuung brauchen. Generation Helikopter eben.
Grundsätzlich ist es zwar so, dass der Arbeitgeber dem Urlaubswunsch eines Arbeitnehmers zu entsprechen hat. Das gilt aber nicht, wenn für den gleichen Zeitraum andere Arbeitnehmer auch Urlaubswünsche haben. Wenn man dann nicht allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den gewünschten Urlaub gewähren kann, weil ja irgendjemand auch noch arbeiten muss, entscheiden soziale Gesichtspunkte. Und da stehen eben Kita-Schließzeiten und Schulferien ganz oben. Relevant ist aber auch, wann z.B. die Partnerin bzw. der Partner Urlaub machen darf. Denn als Paar getrennt Urlaub machen kann vielleicht mal ganz schön sein, aber sollte ja nicht zur Regel werden.
Eines kann man als kinderloser Kollege natürlich versuchen, um auch mal in den Schulferien zum Zuge zu kommen: Einfach den Urlaub sehr frühzeitig beantragen. Wenn dann der Arbeitgeber den Urlaub genehmigt nach dem Motto „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, dann bleibt es auch dann dabei, wenn später die Urlaubswünsche der Mütter und Väter schulpflichtiger Kinder eingehen. Denn einmal gewährter Urlaub kann prinzipiell nicht widerrufen werden. Bei Existenzgefährdung des Unternehmens mag ausnahmsweise was anderes gelten, aber die liegt noch nicht vor, weil ein Familienvater mit seiner Familie zeitgleich auch Urlaub machen will. Und weil das so ist, kommt halt gelegentlich auch mal der Bahnverkehr zum Erliegen. Dass ein Bahnhof wochenlang nicht angefahren werden kann, weil zu viele Fahrdienstleiter im Urlaub und die übrigen krank sind, mag den Bahnreisenden die eigene Urlaubsfreude vergällen, gefährdet aber nicht die Existenz der Deutsche Bahn AG. Der kluge und vorausschauende Arbeitgeber wird indes zu Jahresbeginn die Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter/innen abfragen, um eine Urlaubsplanung erstellen zu können – zumal er das nach neuester Rechtsprechung muss, wenn er sich auf den Verfall von Urlaub berufen oder diesen einseitig zuweisen will.
Apropos einseitige Zuweisung: Manche insbesondere kleinere Arbeitgeber versuchen sich ja aus der Bredouille zu retten, indem sie einfach Betriebsferien anordnen. Frei nach dem Motto: „Ich will auch in den Urlaub, aber ohne mich geht es hier ja nicht.“ Oder eben auch: „Wenn alle im August vier Wochen frei haben, muss ich mich nicht mehr darum kümmern, wer wann frei bekommen könnte.“ Das kann man als Arbeitgeber machen – aber nur, wenn den Arbeitnehmern noch genug Urlaub übrig bleibt, um auch nach eigenen Wünschen noch freinehmen zu können. Und wenn es auf der Seite des Arbeitnehmers gravierende Gründe gibt, kann er auch längeren Urlaub außerhalb der Betriebsferien beanspruchen. Dann muss ihn der Arbeitgeber eben auch in den Betriebsferien beschäftigen. Er darf ihn natürlich auch freistellen, muss ihn dann aber trotzdem bezahlen und das gilt noch nicht einmal als Vorgriff auf den Urlaub des nächsten Jahres.
Tja, auch Urlaub nehmen und Urlaub gewähren kann eben anstrengend sein.
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